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Brauchen Kindergartenkinder Sprachtherapie?

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Am Niederrhein sagt man „Tich“ und „Fich“. Das gehört sozusagen zur Kultur. Doch tatsächlich wird Sprachtherapie gelegentlich genau deswegen verordnet. Das ist fast so, als wollte man einem bayerischen Kind das rollende „R“ abgewöhnen. Von „Schitismus“ sprechen Sprachtherapeuten, wenn das „SCH“ nicht richtig ausgesprochen wird. Ein anderer, häufiger Grund für die Verordnung von Sprachtherapie ist die „Dyslalie“. Dabei ersetzen die Kinder die korrekten Buchstabenlaute durch andere und sagen zum Beispiel „Rohnragen“ statt „Wohnwagen“. Sind mehrere Laute betroffen, spricht man von einer „Multiplen Dyslalie“. Hört sich an wie eine Behinderung, denn „Dys-“ ist die griechische Vorsilbe für „gestört, falsch“ und „-lalie“ entstammt dem Griechischen „lalein“ = „reden“. Klingt, als sei das Kind betrunken. Dabei ist die sogenannte „Sprachentwicklungsstörung“ oft nur eine verlangsamte normale Entwicklung. (Text: © Dunja Voos, Bild: © Rainer Sturm, Pixelio)

Jedes Kind hat sein eigenes Tempo

Glücklicherweise hat es sich beim Laufenlernen schon herumgesprochen: Die Kinder sind in ihrem Tempo äußerst unterschiedlich. Während das eine schon mit 10 Monaten erste freie Schritte unternimmt, ist das andere erst mit 18 Monaten oder später bereit, frei loszulaufen. Nicht zuletzt die Zürcher Längsschnittstudie des Schweizer Kinderarztes Remo Largo hat zu dieser Aufklärung beigetragen. Die meisten Eltern wissen von diesen Unterschieden und warten gelassen ab.

Wenn …, dann …

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Bild: Roland Pfeifer, Pixelio

Beim Thema „Sprache“ ist das Wissen über das Entwicklungstempo weniger verbreitet. Die Eltern werden zudem nicht selten von den Erzieherinnen verunsichert: „Wenn Sie jetzt nichts gegen die Sprachstörung unternehmen, dann wird Ihr Kind ausgegrenzt.“ Doch stimmt das? Kinder, die ausgegrenzt werden, haben oft nicht nur ein Sprachproblem, sondern viele weitere Probleme, die zu ihrer Ausgrenzung führen. Es ist wichtig, den eigenen Beobachtungen zu trauen und sie mit dem Bild abzugleichen, das die Erzieherin zeichnet.

Kinder sind freundlich

Statt Ausgrenzung erleben die betroffenen Kinder doch häufig etwas anderes: Wenn ein Kind vor anderen Kindergartenkindern undeutlich spricht, fordern es die anderen Kinder einfach auf, nochmals zu sagen, was es gesagt hat. Der Gedanke „Kinder sind grausam“ steht allzu oft im Vordergrund – dabei sind Kinder doch mindestens ebenso hilfsbereit bei Kindern, die etwas nicht können. Kinder werden dann gemein, wenn es ihnen selbst nicht gut geht, vor allem, wenn sie zu wenige liebevolle Beziehungen haben.

Droht die Lese-Rechtschreibschwäche?

„Wenn Sie jetzt keine Sprachtherapie beginnen, bekommt das Kind später eine Lese-Rechtschreibschwäche.“ Es hat sich gezeigt, dass relativ viele Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche im Vorschulalter eine Sprachentwicklungsverzögerung aufwiesen. Es wird jedoch noch daran geforscht, ob und in welchem Ausmaß Sprachtherapie im Vorschulalter einer Lese-Rechtschreibschwäche vorbeugen kann.

Wer verordneter Sprachförderung fernbleibt, zahlt Strafe

Auf die Spitze getrieben wird das Angstgeschäft mit der Sprachuntersuchung im Kindergarten. Werden Auffälligkeiten festgestellt, sind die Eltern verpflichtet, ihr Kind zu einer Sprachförderung zu schicken. Ansonsten droht ihnen zumindest ein Bußgeld. Spiegel-Autor Guido Kleinhubbert schreibt hier richtig:

„Eltern in Nordrhein-Westfalen, die sich gegen die Pflichtförderung ihrer Kinder wehren wollten, wurde wegen „Gefährdung des Kindeswohls“ auch schon mal mit dem Jugendamt gedroht.“ (Spiegel Nr. 34, 22.8.2011, S. 39)
Therapie = gut?

Viele Menschen glauben, Therapie sei immer gut und könne nicht schaden. Kaum jemand kommt auf die Idee, den Eltern einmal diese Bedenken aufzuzeigen: „Wenn Sie jetzt mit einer Sprachtherapie beginnen, werden Sie und Ihr Kind verunsichert. Sie zweifeln an Ihrer Kompetenz und das Kind an seinen sprachlichen Fähigkeiten.“ Immerhin sagt die Düsseldorfer Kinderärztin Dr. Sylvia Schuster in einer Pressemitteilung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte vom 14.5.2009:

„Sowohl voreilige als auch zu frühe und zu lange Sprachtherapie bringt dem Kind überhaupt nichts. Überflüssige Therapien können dem Kind sogar schaden.“

Was früher niedlich war, ist heute gleich eine Störung

Kinder lieben Märchen und Geschichten. „Dornhöschen“ und „Der Nusskacker“ sind besonders beliebt. Doch wo man früher nur schmunzelte, ist heute gleich ein besorgter Blick dabei: „Warum spricht mein Kind das „R“ noch nicht klar aus? Warum hat es immer noch Schwierigkeiten mit aufeinanderfolgenden Konsonanten?“ Ähnlich ist es bei den „Verhörern“: Manche Kinder fragen sich, warum „Touristen“ böse sein sollen, weil sie mit dem gehörten „Terroristen“ noch nichts anfangen können. Kinder hören das, was sie schon kennen. Wir wissen selbst: Wenn wir stark mit einem Thema beschäftigt sind, verhören wir uns gerne in die Richtung unseres Kontextes. Es ist normal, dass jeder bis zu einem gewissen Grad das hört, was er kennt. Daraus gleich eine „auditive Wahrnehmungsstörung“ zu machen, scheint eine Marotte unserer Zeit zu sein.

Multiple Dyslalie und die normale Entwicklung

Wenn man Kinder über längere Zeit beobachtet, wird man feststellen, dass die „Sprachfehler“ sich ähneln, denn die Sprachentwicklung verläuft über viele Stufen. „S“ und „SCH“ bleiben oft bis zur Schule ein „Problem“. Da heißt die Comicfigur „Snoopy“ lange „Noopy“, bevor sie richtig ausgesprochen wird. Die meisten Kinder fahren erst mal „Täcker“, bevor sie irgendwann „Träcker“ sagen können. Ob sie eine „Tasche“ oder „Tasse“ wollen, bleibt oftmals unklar und manchmal finden sie Dinge „dut“ statt „gut“. Das vorne gesprochene „D“ entspricht dem weichen, hinten gesprochenen „G“, das vordere harte „T“ entspricht dem hinteren harten „K“. Die Buchstaben klingen ähnlich und werden leicht verwechselt. Besonders aufeinanderfolgende Konsonanten machen Probleme: das „Nie“ (Knie) ebenso wie die „Schecke“ (Schnecke) oder die „Pinzessin“ (Prinzessin). Im Laufe der Zeit wird man feststellen, wie sich alle diese „Fehler“ – einer nach dem anderen – geben. Die „Fehler“ waren eine Stufe auf der Entwicklung von den ersten Lauten bis zur echten Sprache.

Nicht nur auf den Mund schauen

Manchmal stellen Eltern fest, dass ihr Kind bei der Oma auf einmal deutlich spricht. Getrennte Elternpaare berichten manchmal davon, dass sich die Sprache des Kindes nach dem Besuch bei dem anderen Elternteil verbessert oder verschlechtert hat. Es ist zu kurz gedacht, sich bei einer sogenannten „verlangsamten“ Sprachentwicklung allein auf die Sprachtherapie zu konzentrieren.

Eine „verlangsamte“ Entwicklung ist in unserer Zeit auch manchmal einfach eine „normale“ Entwicklung in Ruhe.

Sprachtherapeuten schulen die Wahrnehmung und die Mundmotorik. Doch kann es nicht sein, dass ein betroffenes Kind viel mehr braucht? Könnte es nicht sein, dass bei vielen Kindern eine Psychotherapie mindestens ebenso wirksam wäre sie eine Sprachtherapie? Beim Thema „Sprache“ fehlt es – ähnlich wie beim Thema „Lernen“ – an einem ganzheitlichen Blick. Wenn es heißt, dass Sprachauffälligkeiten zunehmen, dann sollte man auch erforschen, welche Kinder betroffen sind.

Emotionen beeinflussen die Entwicklung

Ähnlich wie bei ADHS wird den „Genen“ ein Großteil der „Schuld“ an der „Störung“ gegeben. Doch wer genauer hinsieht, stellt fest, dass es dem Kind in vielerlei Hinsicht nicht gut geht. Wenn Eltern Schwierigkeiten haben, miteinander zu sprechen und zu kommunizieren, könnte es doch sein, dass auch das Kind ein „Kommunikationsproblem“ entwickelt. Der Kinderpsychoanalytiker Frank Dammasch und seine Kollegen forschen zur Zeit daran, wie sehr Emotionen das Lernen beeinflussen. Gerade die „Triangulierung“, also die Beziehung zwischen Vater, Mutter und Kind, spielt beim Lernen eine große Rolle. Interessant wären Forschungsarbeiten, die sich mit dem Thema „Triangulierung und Spracherwerb“ auseinandersetzen. Vielleicht kommt das ja noch.

„Die Sprachtherapie bringt überhaupt nichts.“

Viele Mütter haben mir erzählt, dass die Sprachtherapie bei ihren Kindern nichts gebracht hat. Möglicherweise verhält es sich beim Thema „Sprache“ doch ähnlich wie bei der Motorik. Achtete man früher auf reine Krankengymnastik, so gibt es heute ganzheitlichere Ansätze:

„Aufgrund der neuen Erkenntnisse im Hinblick auf die motorische Steuerung bei zerebralen Bewegungsstörungen muss bezweifelt werden, dass eine vorwiegend auf Funktionsstörungen (impairment) ausgerichtete Therapie wirklich effektiv sein kann (Horak 1992, Mattiello und Woolacott 1997, Helders et al. 2003). Es spricht vieles dafür, dass eine Förderung und aufgabenorientierte Therapie, evtl. mit psychologischer und pädagogischer Unterstützung von Kind und Familie, die besseren Effekte bringt (Dunst et al. 1989, Schlack 1994, 2000 u. 2003, Helders et al. 2003). (Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropädiatrie zur Physiotherapie nach Bobath und Vojta)

Probleme made in Kindergarten

Viele Eltern sind irritiert, weil Erzieherinnen oder Kinderärzte auf eine Sprachtherapie pochen, obwohl sie sich als Eltern selbst nur wenige Sorgen machen. Dann ist es ratsam, andere erfahrene Ärzte oder ältere Erzieherinnen zu fragen, die sich gut mit den Verläufen von Entwicklungsverzögerungen auskennen. Denn ob eine Sprachtherapie verordnet wird oder nicht, hängt immer auch von den Kenntnissen, Ansichten und Erfahrungen des Kinderarztes ab.

Sprachtherapie ist keine „absolute Indikation“

„Absolute Indikation“ bedeutet in der Medizin, dass unbedingt gehandelt werden muss: Der entzündete Blinddarm erfordert eine Operation. Ob jedoch Sprachtherapie notwendig ist oder nicht, ist Ermessenssache.

Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V. schreibt:
„Bei isolierten phonetischen Störungen (Dyslalien) für die Laute SCH, CH, G, K besteht die Indikation zur Sprachtherapie mit 5 Jahren, bei multiplen Störungen zwischen 4 und 5 Jahren.“

Was passiert in einer Sprachtherapie?

Sprachtherapeuten behandeln jedes Kind entsprechend seiner individuellen „Störung“. Jeder Therapeut geht da anders vor. Allgemein lässt sich jedoch sagen: In der Therapie lernen die Kinder, das eigene Gesagte bewusst zu hören und sich selbst bewusst zu korrigieren. Sie lernen, sich zu verbessern, indem sie zum Beispiel aufeinanderfolgende Konsonanten auseinanderziehen: Aus „Dei (3)“ wird zunächst „De-rei“ und dann die „Drei“. Die Therapeutin macht die Kinder auch auf Bedeutungsunterschiede aufmerksam: So ist der „Keller“ etwas ganz anderes als der „Teller“, obwohl der Unterschied nur aus einem Buchstaben besteht.

Die Kinder trainieren ihre Zungen- und Mundmuskulatur, indem sie zum Beispiel mit einem Strohhalm Wattebäuschchen wegpusten. Sie probieren vor dem Spiegel zusammen mit der Therapeutin verschiedene Grimassen aus und bekommen ein Gefühl dafür, wie sie ihre Zunge im Mund bewegen. Beispielsweise kommt beim kindlichen „S“ die Zunge weit nach vorne heraus, was zu einem Lispeln führt – dies ist jedoch meistens nicht als „Störung“ zu interpretieren, denn schließlich fallen die Milchzähne aus und oft sind vorne noch Lücken, durch die die Zunge wunderbar hindurchpasst.

Manche Sprachtherapeuten sagen, dass eine Sprachtherapie während des Zahnwechsels wenig Sinn macht. Immerhin sind es 30% der Kinder, die im Alter von fünf Jahren die Laute „r“, „s“ und „sch“ noch nicht vollständig bilden können (Remo Largo: „Babyjahre“, Verlag Piper). Auch die Laute „K“, „G“, „Zw“ und „CH1“ (wie in „China“) gehören zu den sogenannten „späten Lauten“ (Tigges-Zuzok 2008).

Therapien gestalten Beziehungen

Sprachtherapie beeinflusst immer auch die Mutter-Kind-Beziehung. Sie kann entlastend wirken, wenn sie der Mutter und dem Kind Sicherheit bietet. Den Müttern tut sie gut, weil sie nicht mehr allein mit dem Sprachproblem sind. Die Kinder genießen die „Spielstunden“ mit der Therapeutin, wenn sie gerne in die Therapie gehen. Die Beziehung zur Sprachtherapeutin ist für viele Kinder wertvoll.

Die Sprachtherapie kann sich aber auch störend auf die Mutter-Kind-Beziehung auswirken, wenn etwa die Mutter infolge der Sprachtherapie einen kritischeren Blick auf ihr Kind wirft oder wenn sie ihr Kind zu Übungen motivieren will, obwohl es keine Lust hat. Daraus entstehen nicht selten Kämpfe, die es ohne Sprachtherapie nicht gäbe. Nicht zuletzt ist der Sprachtherapie-Termin eben ein „Termin“ und bedeutet verkürzte Spiel- oder Schlafenszeit.

Wann kann die Sprachtherapie beendet werden?

Sobald ein Kind die korrekte Artikulation der Laute beherrscht, ist keine Sprachtherapie mehr notwendig (Hautvast 2010). Es braucht teilweise sehr viel Zeit, bis der korrekte Laut in die Spontansprache übergeht, aber es wird kommen. Wenn ein Kind einen Laut nach Aufforderung korrekt nachsprechen kann, kann man davon ausgehen, dass auch ohne Therapie der korrekte Laut in die Spontansprache übergehen wird (Goldstein 1996, Rvachew et al. 1999).

„Für Kinder im Kindergartenalter mit einer phonetischen Störung kann geschlussfolgert werden, dass ein Transfer der in der Therapie erlernten Laute auch ohne therapeutische Begleitung stattfindet, sobald der Ziellaut im Benenntest beherrscht wird.“ (Hautvast 2010)

Therapie erfolgreich – Kind gewachsen

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Bild: Günther Gumhold, Pixelio

Worauf lässt sich das gute Ergebnis zurückführen?

Nach eineinhalb Jahren sagt die Sprachtherapeutin: „Wir haben es geschafft – das Kind hat große Fortschritte gemacht, der Rest kommt jetzt von selbst.“ Eineinhalb Jahre, über 60 Stunden Therapie bei einem Kindergartenkind bis zum Schuleintritt. Wer will nun sagen können, ob das „gute Ergebnis“ ein Erfolg der Therapie ist, oder ob sich das Kind ohne Therapie ebenso entwickelt hätte – ganz einfach, weil es älter geworden ist? Es bedarf noch vieler sogenannter kontrollierter Studien, um eindeutig sagen zu können, welches die Effekte der Therapie sind und wie die weitere Entwicklung ohne Therapie ausgesehen hätte.

Auf dem Land: Therapiefreie Zone

Draußen auf dem Land gibt es weitaus weniger Sprachtherapeuten als in der Stadt. Sprechen daher die Kinder auf dem Land mit 7 Jahren schlechter? Oder überhaupt generell besser? So viele Fragen sind noch nicht geklärt. Fest steht, dass von uns Erwachsenen doch eigentlich niemand „bau“ statt „blau“ oder „dei“ statt „drei“ sagt. Wir können alle „Prinzessin“ sagen, obwohl wir selbst mit 5 oder 6 Jahren vielleicht noch das „r“ verschluckten.

Jeder Therapeut sollte die Sinnhaftigkeit seiner Arbeit ehrlich überprüfen

Es ist nicht leicht, den eigenen Beruf in Frage zu stellen und eine gesunde Distanz zu dem zu wahren, was man täglich tut. Doch genau dazu fordern beispielsweise der Neurobiologe Ralph Dawirs und der Kinderpsychiater Gunther Moll in ihrem Buch „Die 10 größten Erziehungsirrtümer“ auf. Sie fragen sich, wie der allgemeine Druck auf die Kinder verringert werden könnte und erklären, dass auch Fachleute sich selbst in Frage stellen müssten. Dazu gehört, dass ein Sprachtherapeut auch einmal sagen kann: „Wir wissen so vieles noch nicht. Die Therapie kann hilfreich sein, aber Ihr Kind entwickelt sich wahrscheinlich ohne Therapie ebenso gut.“

Die Möglichkeiten der Sprachtherapie werden überschätzt

Die Erwartungen an die Sprachtherapie sind oft riesig. Und was die zumeist jungen Sprachtherapeuten auf ihren Websites schreiben, trägt nicht gerade zur Entspannung bei: Man solle so früh wie möglich und unbedingt mit einer Therapie beginnen, ist dort oft zu lesen. Doch Eltern, deren Kind eine Sprachtherapie macht, werden oft feststellen, dass es vielleicht einen sprunghaften Fortschritt in den ersten Stunden gibt, doch dass danach die Entwicklung „normal langsam“ verläuft.

Bleibt die Frage, ob die Kinder, wenn sie einmal Sprachtherapie verordnet bekommen haben, immer und immer weiter zur Therapie gehen sollen – oder ob nicht wenige „Impulsstunden“ genügen, sofern die Kinder in einer gut sprechenden Umgebung aufwachsen.

Viele Eltern wünschen sich, dass ihnen Druck genommen wird. Gute Gespräche mit wirklich erfahrenen Fachleuten können den Druck enorm mindern. Manchmal dauert die Suche nach den Fachleuten, die ermuntern können, etwas länger. Doch wenn man sie gefunden hat, wächst auch wieder das Vertrauen in das Kind.

Verwandte Artikel in diesem Blog:
Zürcher Längsschnittstudie

Quellen:

James Law, Zoe Garrett, Chad Nye:
The Efficacy of Treatment for Children With Developmental Speech and Language Delay/Disorder
Journal of Speech, Language, and Hearing Research Vol.47 924-943 August 2004
http://jslhr.highwire.org/cgi/content/abstract/47/4/924

„The results indicated that speech and language therapy might be effective for children with phonological or expressive vocabulary difficulties. … No significant differences were found between interventions administered by trained parents and those administered by clinicians. The review identified longer duration (>8 weeks) of therapy as being a potential factor in good clinical outcomes. A number of gaps in the evidence base are identified.“ (Law J, Garrett Z, Nye C 2004)

James Law, Zoe Garrett, Chad Nye:
Speech and language therapy interventions for children with primary speech and language delay or disorder
The Cochrane Library, Editorial Group: Cochrane Developmental, Psychosocial and Learning Problems Group
Published Online: 12 MAY 2010
DOI: 10.1002/14651858.CD004110
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD004110/abstract

Guido Kleinhubbert
Depressive Stimmung
Der Spiegel Nr. 34/22.8.11: S. 38-39
http://www.spiegel.de/spiegel/a-781712.html

Sprachtherapie: Zu früh, zu oft und zu lange schadet nur
Pressemitteilung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Landesverband Nordrhein
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, 14.5.2009

Frank Dammasch, Dieter Katzenbach, Hans-Geert Metzger, Vera Moser, Jessica Ruth:
Strukturelle Lernstörung und emotionale Erfahrung
Triangulierung als beziehungsdynamische Grundlage schulischer Lern- und Bildungsprozesse
http://web.uni-frankfurt.de/fb04/katzenbach/projekte/triangel/Projektbeschreibung_Triangulierung.pdf

Cornelia Tigges-Zuzok:
Wann soll behandelt werden?
Kinder- und Jugendarzt, 39. Jahrgang 2008, Nr. 1

Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache – Indikationen zur Verordnung von Sprachtherapie
Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V.

Goldstein BA:
The role of stimulability in the assessment and treatment of Spanish-speaking children.
Journal of Communication Disorders 1996, 29 (4): 299-314
Abstract

Rvachew S, Rafaat S und Martin M.:
Stimulability, speech perception skills, and the treatment of phonological disorders.
American Journal of Speech-Language Pathology 8: 33-43
Abstract

Melania Botica:
Kindertherapien boomen
Focus-online, 11.11.2008

Waldemar von Suchodoletz:
Zur Bedeutung auditiver Wahrnehmungsstörungen für kinder- und jugendpsychiatrische Störungsbilder
Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Volume 37, Number 3/2009: 163-172

Sarah Hautvast, Jana Arthold, Thomas Günther:
Transfer in den Alltag braucht Zeit
Forum Logopädie Heft 1 (24) Januar 2010: Seite 24-29

Helga Kelle:
Ganz normale Kinder: Heterogenität und Standardisierung kindlicher Entwicklung
Juventa-Verlag 2008

Linda P. Fröhlich, Ute Koglin, Franz Petermann:
Zusammenhang zwischen phonologischer Bewusstheit und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern im Vorschulalter
Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Volume 38, Number 4/2010: 283-290

Reinhard Dümler:
Lese- und Rechtschreibproblemen vorbeugen

Hartmann, Erich:
Möglichkeiten und Grenzen einer präventiven Intervention zur
phonologischen Bewusstheit von lautsprachgestörten Kindergartenkindern

Fribourg, Sprachimpuls, 2002
Dissertation 2001 (PDF)

Hugh W. Catts (University of Kansas, Lawrence):
The Relationship Between Speech-Language Impairments and Reading Disabilities
Journal of Speech and Hearing Research, October 1993, Vol. 36: 948-958

www.phonologische-bewusstheit.de

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 21.9.2011
Aktualisiert am 22.10.2016


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