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Clik here to view.„Das ist magisches Denken“, sagt der westliche Psychotherapeut und will die Bedenken des Patienten mit einer abfälligen Handbewegung wegwischen. Vielleicht will er damit auch seine eigenen Bedenken ausradieren. Wir können so vieles nicht erklären und das macht Angst, wenn es uns an sicheren Beziehungen fehlt. Und vielleicht finden wir deswegen ein bisschen zu wenig Voodoo in unserem Alltag, weil es so vielen Menschen an sicheren Bindungen fehlt. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Neue Kraft durch andere Menschen
„Never ever needle yourself! (Nadele dich niemals selbst!)“, sagte der Arzt, von dem ich Akupunktur lernte. Schade, dachte ich, denn ich wollte die Methode doch auch lernen, um mir selbst dann und wann helfen zu können. „Du kannst Dir nicht selbst die Energie geben, die Du brauchst. Akupunktur ist nicht nur die Nadel. Akupunktur heißt auch, die Energie des Akupunkteurs zu empfangen.“ Genauso ist es mit der Psychoanalyse: Wir können uns nicht ausschließlich „selbst entdecken“. Am besten geht es vorwärts, wenn wir jemanden haben, bei dem, mit dem und durch den wir uns entwickeln können.
Die Hühnersuppe
Im Geburtshaus arbeiten erfahrene Hebammen. Kommt eine Frau zur Entbindung, dann wird eine Hühnersuppe aufgesetzt. „Die Hühnersuppe köchelt so lange, wie die Geburt dauert. Die Frau soll genau die Energie zurückbekommen, die sie verloren hat.“ Messen kann man sowas nicht. Aber ist es für die Frau nicht schön, zu wissen, dass da in der Küche eine Suppe für sie gekocht wird? Dass da eine Verbindung zum Alltag besteht, während sie sich selbst in einem Ausnahmezustand befindet? Schmeckt diese Suppe nicht köstlich, wenn es vollbracht ist?
Schlechte Energien wegwedeln
Die Therapeutin im australischen Busch wedelt „schlechte Energien“ von dem Platz weg, den gleich der Patient einnehmen wird. Auch hier lässt sich wohl nichts messen. Und doch: Der Platz für den Patienten ist immer sauber. Es duftet immer gut, es ist immer frische Luft da, es gibt immer ein schönes Licht. Ein Ort zum Wohlfühlen. Indem die Therapeutin die „schlechten Energien wegwedelt“, gibt sie acht auf diesen Platz. Sie macht ihn schön.
Kapsel auf, in die Maschine rein, Kaffee entnehmen. So kann’s gehen. Oder aber man mahlt die Kaffeebohnen, stellt die Espressomaschine auf den Herd, erhitzt die Milch und schäumt sie auf. Welcher Kaffee gibt mehr Energie? Der Genuss macht’s.
„Alle guten Wünsche!“
Jedes „Ich denk‘ an Dich“, „Ich zünde ein Kerzchen für Dich an“, „Ich bete für Dich“ bedeutet auch, dass theoretisch das Gegenteil möglich ist: „Ich wünsche Dir den Teufel an den Hals“, „Dir soll nur Schlechtes widerfahren“, „Ich werde Dich mit meinen Gedanken krank machen.“ Menschen mit psychischen „Störungen“ leiden oft an ihrem magischen Denken. Sie glauben an „Fernwirkungen“ und bekommen dadurch schreckliche Angst. Auch gute Wünsche eines anderen nehmen sie als sehr bedrohlich wahr.
„Zum Teufel mit Dir!“
Wir können den anderen noch so sehr auf die Ferne verwünschen: Es wird nicht wirklich das Pech vom Himmel über ihn fallen. Oft aber haben die Betroffenen in ihrer Kindheit überwiegend negative Beziehungen erfahren. Erst im Laufe einer Psychotherapie oder Psychoanalyse, wenn die Betroffenen eine vertrauensvolle Beziehung kennenlernen, kann sich das Gefühl verändern. Dann fühlt es sich schön an, wenn man sich mit dem anderen gedanklich verbunden fühlt. Es gibt Kraft und Energie.
Soul of Africa
Wer sich für Voodoo interessiert, dem sei das Museum „Soul of Africa“ in Essen empfohlen. Wenn man dem Leiter Henning Christoph dabei zuhört, mit wieviel Voodoo seine Museumsstücke von Afrika nach Essen gelangten, kann man nur ehrfürchtig staunen. Der Geist dieser Liebe zu den Dingen ist deutlich spürbar.
Kraft schöpfen
Ein bisschen träumen, ein bisschen an Voodoo glauben, Energie in die Dinge stecken, sich Mühe geben, den Dingen Aufmerksamkeit schenken, genießen, sich hingeben – das ist das, was uns kreativ macht und uns Kraft schenkt. Kraft, die wir brauchen, um die ganz irdischen Dinge zu bewerkstelligen: Um zu lernen, um einzukaufen, Geld zu verdienen und für die Kinder zu sorgen.
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Dieser Beitrag erschien errstmals am 29.6.2016
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