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Gelassen arbeiten bringt weiter

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182893_web_R_K_B_by_Ginover_pixelio.deOft heißt es ja, das System sei schuld. Die Arbeitswelt sei zu hart und Autogenes Training helfe nicht, wenn die Umstände zu schwierig sind. Doch wie definiert man die „harte Arbeitswelt“? Ich kenne eine Bäckerei, in der ich regelmäßig meine Brötchen und Törtchen hole. Dort arbeitet von montags bis freitags mal die eine, mal die andere Verkäuferin. Kaufe ich bei Verkäuferin A meine Brötchen, habe ich das Gefühl, sie damit komplett zu überfordern. Hektisch wuselt sie hinter der Theke, die Schweißperlen stehen ihr auf der Stirn, sie findet kein Einpackpapier und ist kreidebleich. (Text: © Dunja Voos, Bild: © Ginover, www.pixelio.de)

Dieselbe Arbeit ganz anders

Jedes Mal, wenn ich Verkäuferin A sehe, denke ich, dass es eine Zumutung ist, dass die Verkäuferin da alleine arbeiten muss. Ich habe die Vorstellung, dass diese Arbeit stressig und kaum zu bewältigen ist. In der nächsten Woche jedoch treffe ich Verkäuferin B. An denselben Wochentagen, zu denselben Uhrzeiten, zu denselben Bedingungen. Ich werde freundlich begrüßt, wir halten ein kleines Schwätzchen, die Wartenden hinter uns lachen mit, es tut gut, meine Brötchen hier zu kaufen und so warmherzig empfangen zu werden. Kein Zeichen von Stress.

Panik verhindert, den Überblick zu behalten

Verkäuferin A erscheint panisch. Sie verliert vollkommen den Überblick. Wer weiß, was sie für ein Privatleben hat und wie sie aufgewachsen ist, denke ich. Es ist wie im Flugzeug: Während die ängstlichen Passagiere sich innerlich auf den Absturz vorbereiten, können die anderen gelassen ihr Mittagessen zu sich nehmen. Wer hat mehr vom Flug? Darf man es sich gut gehen lassen? Muss man Schuldgefühle haben, wenn einem selbst das Essen schmeckt, während der Nachbar panisch in seinem Sessel zittert?

Außen sieht’s aus wie innen

Zurück zur Bäckerei. Hier wird ganz deutlich, wie schwierig es ist, die Arbeit als solche zu definieren und zu sagen, ob sie nun schwer oder leicht, zu stressig oder noch zu bewältigen ist. Man könnte meinen, Verkäuferin A macht eine ganz andere Arbeit als Verkäuferin B. Frau A. macht sich das Leben schwer. Doch sie kann nicht anders. Sie ist gefangen – die äußere Arbeit spiegelt ihre Innenwelt wider.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 7.2.2015
Aktualisiert am 26.7.2016


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