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Angst im Urlaub

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Juli_2014_046„Bald geht’s in den Urlaub und ich habe jetzt schon Horrorvorstellungen. Was, wenn ich im Auto eine Panikattacke bekomme und schnell raus will? Was, wenn mir das im Zug passiert?“ So oder ähnlich formulieren es viele Patienten mit einer Angststörung. Viele glauben, sie seien damit allein und völlig unverstanden, aber es geht vielen Menschen so, dass sie sich vor dem Urlaub fürchten und im Urlaub selbst von heftigen Panikattacken heimgesucht werden (man beachte das Wortspiel ;-)). (Text & Bild: © Dunja Voos)

Urlaub heißt zeitweise Kontaktabbruch

Viele fühlen sich im Urlaub wie auf Stelzen. „Ich habe immer so ein unangenehmes Wattegefühl im Kopf“, sagen manche Betroffene. „Nachts kann ich einfach nicht einschlafen. Ich denke ständig daran, wie weit weg ich von zu Hause bin. Der Heimweg erscheint mir unendlich weit. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich den Rückflug bewerkstelligen soll“, sagen andere. Viele fühlen sich völlig einsam. Die Welt scheint stillzustehen und das Gefühl, irgendwo verwurzelt zu sein, ist komplett weg. Für viele bedeutet der Urlaub so etwas wie ein „innerer Kontaktabbruch“ zur übrigen Welt, zu den Freunden und Vertrauten.

Das Zuhause als sichere Burg

Viele Angstpatienten leiden unter anderem unter solchen Ängsten, weil sie oft nur wenige Beziehungen haben, in denen sie sich wirklich verstanden fühlen. Viele hatten eine schwierige Kindheit und konnten sozusagen keine „guten Eltern“ in sich „installieren“. Sie haben nur ein schwaches inneres Bild davon, wie es ist, wirklich verstanden und beruhigt zu werden. Für die Betroffenen wird das Zuhause und die gewohnte Umgebung zu der Sicherheit, die sie brauchen. Fällt sie weg, scheint auch alles andere wegzubrechen.

Kleine Urlaubsphilosophie
„Sereno“ ist das italienische Wort für „wolkenlos“. Das englische Wort „serene“, bedeutet soviel wie „gelassen und heiter“. So schöne Worte. Doch für viele Menschen ist der Urlaub nicht wolkenlos, sondern voller Sorgen.

Gute Kontakte im Gepäck

Viele Betroffene bemerken, dass ihre Ängste im Urlaub kleiner werden, sobald sie eine Therapie begonnen haben und sich die Beziehung zum Therapeuten gefestigt hat. Es gelingt ihnen dann immer besser, sich die Beziehung zum Therapeuten vorzustellen, auch wenn dieser nicht da ist. Im Laufe der Therapie können die Betroffenen immer besser das gute Gefühl in sich halten, mit jemand anderem verbunden zu sein. Und zwar so verbunden, dass der andere es versteht, wenn man weglaufen will und sich gefangen fühlt.

Freiheit in Verbundenheit

Wer eine gute äußere Verbindung zu anderen Menschen hat, der fühlt sich auch innerlich gut gebunden, ohne sich gefesselt oder verfolgt zu fühlen. Gute Bindung ist ein wunderbares Gefühl, das auch über die Distanz hält. Doch es braucht Zeit – bis sie aufgebaut ist, können sogar Jahre vergehen. Ähnlich, wie ein Kind mit den Jahren immer länger weg von der Mutter sein kann, so geht es erwachsenen Patienten auch, die vielleicht erstmalig gute Beziehungen erleben.

Tipps bei Angst im Urlaub
  1. Stellen Sie sich die Personen vor, an die Sie sich am besten gebunden fühlen.
  2. Wenn Sie nachts an Ängsten leiden, lassen Sie eine Lampe brennen; bei schlimmen Ängsten stehen Sie auf und duschen.
  3. Die Beschäftigung mit den Händen kann hilfreich sein: Stricken, Häkeln oder Basteln.
  4. Kreuzworträtsel oder Spiele auf dem iPad können helfen.
  5. Dank des Internets kann man mit Freunden heute leichter in Verbindung stehen als früher. Erkundigen Sie sich im Hotel nach den Möglichkeiten eines Wireless-LAN-Zugangs. Twittern, Facebooken, Whatsappen – das kann erleichtern.
  6. Stellen Sie sich schöne Dinge vor, die Sie wieder tun werden, wenn Sie zu Hause sind.
  7. Denken Sie an Vorbilder.
  8. Suchen Sie auf der Reise aktiv den Kontakt zu Menschen, die Ihnen gut tun.
  9. Fragen Sie sich, ob Sie sich erlauben können, den Urlaub zu genießen oder ob Sie sich selbst auf eine gewisse Art bestrafen wollen, indem Sie sich mit Ängsten quälen.
  10. Oft scheint während der Angstattacke gar nichts zu helfen. Man kann jedoch zumindest gut zu sich selbst sein und Tee trinken, bis die Angst irgendwann wieder nachlässt.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 19.7.2014
Aktualisiert am 19.7.2016


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