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Clik here to view.Das Wort „Häme“ hängt eng zusammen mit dem griechischen Wort „Haimos“ = „Blut“. Bei der Häme ist das Blut in Wallung. Starke Gefühle wie z.B. Wut sind im Spiel. Im Englischen heißt Häme „malice“, worin das Wort „mal“ für „schlecht“ steht. „Malice“ bedeutet gleichzeitig „Boshaftigkeit, böse Absicht“. Häme entsteht oft aus einem Gefühl von ohnmächtiger Wut heraus. Man steckt die Zunge raus und sagt: „Ätschibätsch!“ (Text: © Dunja Voos, Bild: © Luedi, www.pixelio.de)
Am Anfang steht oft die Unterwerfung
Wer sich in die Ecke gedrängt fühlt, der kann hämisch werden. Häme fordert den anderen zu einem Gegenschlag heraus. Am Anfang steht manchmal die Unterwürfigkeit. Man „gehorcht“ und tut das, was der andere will, weil man ihm unterlegen ist. Aber in Wirklichkeit möchte man das gar nicht. Man verachtet sich selbst für sein unterwürfiges Verhalten. Verzweifelt über die Situation, wird man hämisch und verspottet den anderen.
Schlag und Gegenschlag
Wer hämisch ist, kann mit einem Gegenschlag rechnen. Und sich dann erneut als Opfer zurückziehen. Damit beginnt der Kreislauf von vorne: Der andere ist der Mächtige und man selbst kann nichts tun. Nah verwandt mit dem „hämischen Verhalten“ ist der „masochistische Triumph“:
Solche Aussagen sind hochkomplex. Darin enthalten ist ein Angriff, ein Vorwurf und die Aufforderung: „Sieh her, wie schlecht es mir mit Deiner Anklage geht!“ Der andere soll sich schuldig fühlen. Gleichzeitig bestraft sich die Mutter mit diesem Verhalten selbst. In der hämischen Aussage „Ich bin keine gute Mutter“ scheint „Einsicht“ zu stecken und doch ist es eher ein „Beleidigtsein“ und eine Form der Selbstanklage. Ein wenig Reue und Traurigkeit ohne Aussicht auf Trost schwingt vielleicht auch noch mit. Wie soll man so eine Aussage in etwas Verständliches übersetzen?
Wenn der Unterschied zu groß ist
Häme entsteht oft dann, wenn der Unterschied zwischen zwei Menschen zu groß ist. Der Arme ist hämisch gegenüber dem Reichen, der Ohnmächtige gegenüber dem Mächtigen. Da ist der Hauptschüler, der seine Arme verschränkt, den Lehrer angrinst, anspuckt und sagt: „Hey, was willst du, Alter? Du kannst mich eh am Arsch lecken.“ Die Perspektivlosigkeit des Schülers ist so groß, dass er sich in seine Häme zurückzieht. Dort ist er gleichzeitig unerreichbar und grenzüberschreitend. Er zeigt, dass er sich verletzt fühlt und verletzt gleichzeitig den anderen.
Übersetzung
Will man Häme in etwas Verständliches übersetzen, so könnte man vielleicht sagen: Der, der Häme zeigt, ist enttäuscht, dass er keinen echten Kontakt findet. Er ist resigniert und versucht den anderen zu erreichen, obwohl er die Vorstellung hat, dass er ihn nicht wirklich erreichen kann. Das heißt: Der Ohnmächtige erwartet nicht, dass der Mächtige sich erbarmen könnte. Die Mutter, die verlassen wird, erwartet nicht, dass das Kind zurückkehrt und sie doch noch verstehen könnte. Häme zeigt, dass der Betroffene sich total isoliert fühlt. Kontaktaufnahme scheint nur durch aggressives, abwehrendes, verletzendes Verhalten möglich. Es ist kein guter Kontakt, sondern ein blitzschnelles Hin und Her.
Wie kommt man da raus?
Es ist sehr schwierig, aus der Häme herauszukommen. Dazu müsste gegenseitige „Erreichbarkeit“ hergestellt werden. Doch der, der hämisch behandelt wird, ist nicht fähig, den Hämischen mit Verständnis, Offenheit und Zuneigung zu betrachten. Die beiden Menschen reagieren, als seien sie zwei gleichgepolte Magnete, die sich abstoßen. Manchmal endet die Situation, wenn der Hämische anfängt zu weinen und sagen kann, wie er sich fühlt. Derjenige, der verspottet wird, kann oft kaum etwas ausrichten. Es gehört viel innerer Freiraum dazu, anders als mit einem Gegenangriff zu reagieren.
„Liebevolles“ Verhalten kann die Häme verstärken
Wie kann die Tochter reagieren, die vor einer hämischen Mutter steht? Wie kann der Lehrer reagieren, wenn der Schüler hämisch vor ihm sitzt? So mancher versucht es mit „liebevollem“ Verhalten, das aber oft nur aufgesetzt sein kann. Sofort fühlt sich der Hämische in die Ecke gedrängt – fühlt er sich doch gezwungen, sein Verhalten zu ändern. „Liebevolles“ Verhalten führt also oft noch zu mehr abwehrenden Reaktionen, weil der Hämische sich noch unterlegener fühlt. Manchmal kann man einfach nur still abwarten, nachdenken und sich fragen: Was wünscht man sich selbst von jemandem, dem man hämisch gegenübersitzt? Vielleicht mehr Annäherung, Gleichheit, Abstand und/oder echten Kontakt in irgendeiner Form?
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 9.12.2014
Aktualisiert am 24.9.2015