Wem die Luft wegbleibt, dem wird angst und bange. Zu lachen gibt’s da nichts mehr, denn ein Asthmaanfall ist bedrohlich. Und wenn er vergeht, dann ist man in Hab-Acht-Stellung – man hält die Luft an. Wann passiert es wieder? Wie schlimm wird es werden? Noch ist nicht eindeutig geklärt, ob Psychotherapie bei Asthma hilft (Fleming et al., 2006). Doch kleinere Studien weisen darauf hin, dass Psychotherapie die Beschwerden zumindest lindern kann. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Die Psychosomatose Asthma
Immer wieder hört man, dass Asthma auch psychisch bedingt ist. Schon der Arzt Franz Alexander zählte das Asthma 1950 zu den sieben psychosomatischen Erkrankungen, den Holy Seven. Doch das System Asthma mit seiner Atemwegsverkrampfung (Bronchospasmus), Überempfindlichkeit (Hyperreagibilität) und gesteigerter Schleimproduktion (Hypersekretion) ist komplex. Der Universitätsprofessor und Psychologe Rainer Richter erklärt, dass der Asthmatiker bei einem Anfall gleich fünffach leidet: nervöse Ängstlichkeit, Beschwerden durch die Verengung der Atemwege, ärgerliche Gereiztheit, Symptome der Hyperventilation und Müdigkeit gehören dazu.
Wut, Freude, Erschrecken, Weinen – Gefühle beeinflussen unsere Atmung
Nicht selten tritt Asthma erstmals in einer angespannten Situation oder nach einer Trennung auf. Viele Patienten leiden unter Atemnot, während Gefühle von Traurigkeit, Scham oder Ärger völlig wegrücken – kein Wunder, denn während der Atemnot befindet man sich in einer körperlichen Ausnahmesituation. Gefühle sind da zweitrangig. Doch Gefühle, die nicht ausreichend Platz erhalten, können sich in einem Asthmaanfall ausdrücken.
Psychotherapie kann Asthma möglicherweise lindern
Bereits 1987 wiesen die Psychosomatiker Gebhard Allert und Hans-Christian Deter nach, dass auch ein Jahr nach Abschluss einer Gruppenpsychotherapie das Asthma der Teilnehmer messbar gebessert war (Deter & Allert, 1987). Der emeritierte Professor für Geschichte der Psychoanalyse Helmut Junker hat seine eigene Linderung von Asthma im Buch “Nachanalyse” dargestellt.
Gefühltes und Gemessenes müssen nicht übereinstimmen
Wie sehr die Atemwege verengt sind, lässt sich leicht messen: Man atmet dabei in einem Stoß in ein kleines Handgerät aus, in den sogenannten Peak-Flow-Messer (Beispiel: Peakflowmesser von Omron, ca. 19€). Was das Gerät anzeigt, muss aber nicht mit dem übereinstimmen, was der Patient fühlt. Viele Patienten holen schon bei geringer Atemwegs-Verengung den Notarzt, andere nehmen erst sehr spät ihre Beschwerden wahr.
Anspannen und loslassen: das Zwerchfell
Wie sehr sich die Atemwegsmuskulatur verengt, darauf haben wir nur wenig oder gar keinen Einfluss. Die Bronchien sind von sogenannter glatter Muskulatur umgeben, die wir ebenso wie die Muskulatur des Magens kaum steuern können. Aber wir können das Zwerchfell (Diaphragma) steuern. Diesen Atemmuskel können wir bewusst verkrampfen oder entspannen. Hier setzen Atemtherapeuten in ihrer Behandlung an. Denn je mehr wir das Zwerchfell verkrampfen, desto stärker empfinden wir Atemnot, selbst, wenn die Atemwege selbst relativ frei sind. Die Verkrampfung des Zwerchfells hängt stark von unserer psychischen Verfassung ab.
Atemübung zur Vorbeugung von Asthma
Rudra Shivananda zeigt Atemübungen, um Asthmaanfällen vorzubeugen. Das “Einatmen in Häppchen” und lange Ausatmen erinnert an die Atmung beim Weinen.
Verwandte Artikel in diesem Blog:
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Atemnot beim Essen
Respiratorische Psychophysiologie
Literatur:
Eukalyptus (Cineol) hilft bei Asthma:
Juergens UR et al. (Uni Bonn):
Anti-inflammatory activity of 1.8-cineol (eucalyptol) in bronchial asthma: a double-blind placebo-controlled trial
Respiratory Medicine, Volume 97, Issue 3, March 2003, Pages 250–256
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0954611103914326
(Bild: © Stephan Landgraf, Pixelio)
Zeitschrift YOGA AKTUELL SPEZIAL NR. 2 – YOGA & ATEM (2012)
http://shop.yoga-aktuell.de/Yoga-Aktuell-Spezial-Nr-2-Yoga-Atem.html
Jose Barchilon:
Emotions and Respiration
Regulation of Respiration.
Annals of the New York Academy of Sciences, Vol. 109: 619–630, September 1963
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1749-6632.1963.tb13492.x/abstract:
Der Psychoanalytiker Wolfgang Woeller hat einiges zum Thema “Asthma” publiziert:
Publikationen
Janelle Yorke, Sharon L. Fleming, Caroline Shuldham:
Psychological interventions for adults with asthma
The Cochrane Library 2006
Rainer Richter und Bernhard Dahme (1982):
Bronchial asthma in adults: There is little evidence for the effectiveness of behavioral therapy and relaxation.
Journal of Psychosomatic Research, Volume 26, Issue 5, 1982, Pages 533-540
doi:10.1016/0022-3999(82)90094-0
Deter HC, Allert G (1983):
Group Therapy for Asthma Patients: A Concept for the Psychosomatic Treatment of Patients in a Medical Clinic – A Controlled Study.
Psychotherapy and Psychosomatics 1983, Vol. 40, No. 1-4: 95-105,
DOI: 10.1159/000287757
Fleming SL, Pagliari C, Churchill R, Shuldham CM, McKean M. (2006):
Psychotherapeutic interventions for adults with asthma.
Cochrane Database Syst Rev. 2006 Jan 25;(1): CD002982
Thomas Ritz
Psychophysiologische Reaktivität der Atemwege bei Asthma bronchiale
Verhaltenstherapie & Verhaltensmedizin, Heft 1 – 1999
Weitere Links:
Patientenliga Atemwegserkrankungen e. V.
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 27.12.2011
Aktualisiert am 29.5.2015