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Panikattacken in der Nacht

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Bild: Rainer Sturm, Pixelio

Für sehr viele Menschen mit einer Angststörung ist das ein ganz besonderes Problem: Panikattacken in der Nacht. Man wacht auf, zittert, bekommt schwer Luft. Da ist der Schwindel, der Schweiß, das Herzrasen, vielleicht der Durchfall. Da sind die Gedanken, die sich immer wieder im Kreis drehen. Man hat Sorge, verrückt zu werden oder schwer krank zu sein. Kurzum: Man ist verzweifelt. Was die Ängste in der Nacht so schlimm macht, ist oft der Gedanke, dass man völlig alleine ist. Es ist still um einen herum und man kann weder Freunde noch Ärzte anrufen, weil es ja eben Nacht ist. Diese Einsamkeit ist sicher mit das größte Problem. Man zählt die Stunden, wartet auf den frühen Morgen – bis man vielleicht im Morgengrauen endlich erschöpft einschläft. (Text: © Dunja Voos, Bild: © Rainer Sturm, Pixelio)

Strategien? Fehlanzeige.

Wer nachts mit Panikattacken aufwacht, hat sicherlich schon vieles ausprobiert, um sich zu beruhigen. Doch das Gefühl, den Ängsten ausgeliefert zu sein, ist bei den meisten sehr groß. Strategien, um die Angst zu bewältigen, scheint es in diesem Moment kaum zu geben. Immer wieder verstärkt sich das Zittern, um dann nach einigen Minuten wieder nachzulassen. Meistens sind die nächtlichen Panikattacken ein Zeichen dafür, dass man auf vielen Ebenen des Lebens überfordert ist und dass sich die Sorgen zu einem großen Berg angehäuft haben. Häufig sind junge Menschen im Studium oder zu Berufsbeginn betroffen. Sie wissen noch nicht, ob sie den Anforderungen gewachsen sind, ob sie die vielen Prüfungen bestehen werden, ob sie genug Geld zur Verfügung haben werden, ob die aktuelle Beziehung ihnen gut tut oder ob sich die Trennung vom gewohnten Zuhause verkraften lässt.

Sich Gutes tun

Häufig sind die Angstattacken in der Nacht auf unbewusste Gefühle zurückzuführen. Viele Betroffene sind wütend auf etwas, ohne, dass sie ihre Wut bemerken oder verstehen. Der Ärger kann sich dann in Form von Angstattacken äußern. Ärger und Entspannung sind große Gegensätze. Und genauso fühlt es sich auch während der Angstattacke an: Man ist erstarrt, der Körper ist stark beteiligt, an Entspannung nicht zu denken.

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Bild: Hein Glück, Pixelio

Dennoch können kleine Entspannungsschrittchen gut tun. Man kann sich einen heißen Tee kochen, an einer gut duftenden Creme riechen, sich das Gesicht mit einer schönen Seife waschen, vielleicht kurz duschen. Man kann Kreuzworträtsel lösen, im Internet auf Twitter nach anderen wachen Leidensgenossen suchen oder in schönen Zeitschriften blättern (wie z. B. in der „Landlust“ – bin nicht verschwägert oder verwandt und auch dort nicht angestellt, aber für diese Zeitschrift muss ich einfach Werbung machen. Die vielen schönen Bilder von geborgenen Wohnräumen und schön gestalteten Gärten sind sehr beruhigend). Auch Comics (z. B. „Calvin und Hobbes“) oder einfache Kindergeschichten (z. B. „Caillou“) können beruhigen, ebenso wie ein heißer Kakao oder etwas Schokolade. Auch können leise Geräusche helfen, wie z. B. das Plätschern eines Zimmerbrunnens. Frische Luft und Kühle tun gut. Und auch das Mitgefühl für sich selbst ist wichtig. Auch, wenn die vielen Beruhigungsversuche nur ein bisschen – oder vielleicht auch gar nicht – wirken, so kann man verständnisvolle Gespräche mit sich selbst führen. Es ist eine traurige Situation, in der man da steckt. Harte Selbstgespräche kann man vielleicht in mildere umwandeln.

Geduld

Wer so angespannt ist, dass er nachts unter großen Ängsten leidet, ist stark belastet. Nur langsam können die Ängste durch vielerlei Maßnahmen nachts nachlassen. Eine psychoanalytische Therapie kann dabei sehr hilfreich sein. Natürlich ist es schwer, die Wartezeit zu überstehen, bis man einen Therapieplatz hat. Bis dahin kann man versuchen, sich immer wieder Pausen im Alltag zu gönnen und etwas zu tun, was Spaß macht. Vielen Betroffenen hilft es auch, sich ein Haustier anzuschaffen. Die Katze, die sich in der Nacht anschmiegt, kann oft schon beruhigen. Aber auch Meerschweinchen, Häschen oder Wellensittiche verringern das Gefühl, ganz alleine zu sein.

Man kann sich ein nettes Nachttischlämpchen kaufen, einen schmackhaften Fruchtjogurt für die Nacht in den Kühlschrank stellen, eine nette Zeitschrift und Dufttücher bereitlegen. Vielleicht ein kleines Radio neben dem Bett leise laufen lassen. Viele kleine Mini-Schritte sorgen dafür, dass irgendwann die Ängste nachlassen.

Oft lassen die Ängste nach, sobald man endlich einen Therapieplatz hat. Sobald man ein eigenes Auto hat und die Ängste am Tag durch Straßenbahnfahrten nicht noch getriggert werden. Sobald mehr finanzielle Sicherheit da ist oder sobald man einen ungeliebten Partner verlassen hat. Sobald man weiß, dass man sich selbst wieder beruhigen kann, wird die Erleichterung da sein. Bis dahin kann man sich jedenfalls sicher sein: Man ist nicht alleine mit seinem Problem. In Deutschland sitzen viele Betroffene nachts um halb zwei im Bett und fühlen sich ängstlich, panisch und allein. Jeder Betroffene braucht viel Geduld. Ein „schnelles Rezept“ gibt es nicht, aber Hilfe auf Dauer schon. (Therapeutenadressen hier: www.dgpt.de, www.dpv-psa.de, www.dpg-psa.de)

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Bild: Holger Gräbner, Pixelio

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 30.7.2012
Aktualisiert am 14.8.2016

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