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Soll man in der Psychoanalyse wirklich alles erzählen?

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Viele Patienten, die eine Psychoanalyse machen, fragen sich: „Soll ich meinem Psychoanalytiker wirklich alles erzählen?“ Eine schwierige Frage. Nicht wenige Patienten hatten übergriffige Eltern, die immer und alles wissen wollten. Auch in der Kirche hören wir: „Der liebe Gott sieht alles.“ Da kann man schon mal paranoid werden. Oft ist das Bedürfnis da, dem Psychoanalytiker eben nicht alles zu erzählen. (Text & Bild: ©Dunja Voos)

Man kommt weiter

Andererseits kann man sich oft besser entwickeln, wenn man alles erzählt, was einem durch den Kopf geht. Das macht oft Angst. „Hält der Psychoanalytiker überhaupt aus, was ich zu erzählen habe?“, fragt man sich. „Ist der Psychoanalytiker an diesem Punkt selbst empfindlich und möchte ich ihn lieber verschonen? Habe ich überhaupt noch ein Privatleben, wenn ich alles erzähle?“ Das alles sind berechtigte Fragen und sicher kann man nicht immer alles erzählen. Manchmal ist man einfach noch nicht bereit dazu. Doch dann wieder wird es Stunden geben, in denen man sich überwinden kann und feststellt: Das hat mich jetzt enorm weitergebracht. Vieles ist klarer geworden. Das Gesagte bleibt in einem geschützten Raum. Manchmal wird man es genießen können, einfach alles erzählen zu dürfen. Ein anderes Mal kann man es als Druck empfinden, dass man alles erzählen „soll“ – das Gebot schwebt scheint über einem zu schweben wie ein ungeschriebenes Gesetz. Und man fühlt sich schuldig, wenn man es nicht befolgt.

Wie eine Beichte

Es kann auch sein, dass man das Gefühl hat, etwas beichten zu müssen. Die Frage danach, ob man wirklich alles erzählen soll oder will, taucht möglicherweise in einer Psychoanalyse immer wieder auf. Doch vielleicht ist es so: Je mehr gute Erfahrungen man damit macht, desto leichter und entlastender wird es, alles zu erzählen. Man ist dennoch ein „abgeschlossener“ Mensch mit Grenzen. Der Psychoanalytiker ist eben kein Gott – er sieht weiterhin nicht alles, ähnlich wie wir selbst oft nicht alles von uns erkennen und verstehen.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 11.9.2013
Aktualisiert am 23.6.2015

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