Freud hat viel zur Religion gesagt. In seinen Schriften zum “Unbehagen in der Kultur” (Psychologie Fischer, 1994, S. 48) finden sich diese Aussagen: “Es wird aber behauptet, dass jeder von uns sich in irgendeinem Punkte ähnlich wie der Paranoiker benimmt, eine ihm unleidliche Seite der Welt durch eine Wunschbildung korrigiert und diesen Wahn in die Realität einträgt. Eine besondere Bedeutung beansprucht der Fall, dass eine größere Anzahl von Menschen gemeinsam den Versuch unternimmt, sich Glücksversicherung und Leidensschutz durch wahnhafte Umbildung der Wirklichkeit zu schaffen. Als solchen Massenwahn müssen wir auch die Religionen der Menschheit kennzeichnen. Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt.” (Bild: © Dunja Voos)
Und weiter:
(Seite 51:) “Die Religion beeinträchtigt dieses Spiel der Auswahl und Anpassung, indem sie ihren Weg zum Glückserwerb und Leidensschutz allen in gleicher Weise aufdrängt. Ihre Technik besteht darin, den Wert des Lebens herabzudrücken und das Bild der realen Welt wahnhaft zu entstellen, was die Einschüchterung der Intelligenz zur Voraussetzung hat.”
“Um diesen Preis, durch gewaltsame Fixierung eines psychischen Infantilismus und Einbeziehung in einen Massenwahn gelingt es der Religion, vielen Menschen die individuelle Neurose zu ersparen.”
“Wer Wissenschaft und Kunst besitzt, hat auch Religion;
Wer jene beiden nicht besitzt, der habe Religion!”
(Das Unbehagen in der Kultur, S. 41, Zitat von Goethe in den “Zahmen Xenien” IX, Gedichte aus dem Nachlass)
“Auch die Religion kann ihr Versprechen nicht halten. Wenn der Gläubige sich endlich genötigt findet, von Gottes ‘unerforschlichem Ratschluss’ zu reden, so gesteht er damit ein, dass ihm als letzte Trostmöglichkeit und Lustquelle im Leiden nur die bedingungslose Unterwerfung übrig geblieben ist. Und wenn er zu dieser bereit ist, hätte er sich wahrscheinlich den Umweg (Anm.: über die Religion) ersparen können.”
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