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Das Alleinerziehendengefängnis

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alleinerziehende
20 Jahre. Knapp. Bei guter Führung weniger. Das Kind ist 9. Fast Halbzeit. Die Schuld lastet schwer. Den Geigenlehrer mit einer Ausrede angelogen, weil man nicht schon wieder sagen wollte, dass man wegen Erschöpfung absagt. „Lass Dir Zeit“, sagt die Nachbarin, die in dieser Woche schon das dritte Mal auf’s Kind aufpasst. Doch das schlechte Gewissen klopft an, als die Abendveranstaltung die 22 Uhr überschreitet. Freigang beendet. (Text & Bild: © Dunja Voos)

Geld scheffeln

Andere Mütter verabreden sich zum Kaffee und fühlen sich wie Alleinerziehende, weil der Mann erst so spät nach Hause kommt. Währenddessen sitzt die echte Alleinerziehende im Büro, um Geld zu verdienen. Die Alleinerziehende freut sich auf ein Date, das sie absagen muss, weil das Kind erbricht. Das Date verliert die Geduld – nur alle zwei Wochen Zeit für ein Treffen ist ihm zu wenig. Konzert- und Kinoprogramme rauschen unbeachtet an einem vorbei. Yogakurse zur Entspannung werden von Frauen besucht, deren Partner abends für das Kind da ist. Die Schuld muss noch verbüßt werden. Die Freunde gehen alleine zum Kongress.

Dem Kind gerecht werden

„Mama, du hast mich gar nicht lieb! Wenn Du ehrlich bist, dann wünschst Du Dir doch, dass ich gar nicht da wäre!“ Wieder sticht die Schuld. All die Mühen. Und doch spricht das Kind Wahrheitsfünkchen. War ich zu viel weg? Zu egoistisch? „Doch, Schätzchen, ich liebe Dich über alles. Ich würde Dich niemals weggeben wollen. Ich wusste nur nicht, dass Alleinerziehend-Sein in Deutschland Isolation und Einzelhaft bedeutet.“ Das Licht am Ende des Tunnels schimmert schwach durch. Im Winter schwächer als sonst.

Verwandet Artikel in diesem Blog:

Die Sorgen der Alleinerziehenden (eBook-Tipp)


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