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Clik here to view.„Die Ärztin kann zaubern“, „Heute Nacht kommt die Zahnfee“, „Morgen kommt das Christkind“, sagen die Eltern. „Kannst du bitte nochmal unter dem Bett nachgucken, ob da wirklich kein Monster ist?“, fragt das Kind. Das Problem mit „guten Geistern“: Sie sind nicht allein. Erzählt man einem Kind etwas von einer „guten Fee“, dann entsteht im Unbewussten schnell auch die Vorstellung von einer „bösen Hexe“. Feen und Zauberer sind nicht nur gut – sie sind auch unkontrollierbar. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Unsichere Grenzen
Kleine Kinder haben noch keine sicheren psychischen Grenzen. Sie befürchten leicht, dass Erwachsene ihre Gedanken lesen könnten. Auch Erwachsene mit einer Psychose glauben, dass andere ihre Gedanken lesen können. Was, wenn der Nikolaus das auch kann?
„Der Weihnachtsmann weiß, was du Böses getan hast“
Wenn ein Erwachsener sagt: „Der liebe Gott sieht alles“, oder „das Christkind weiß, was du dir wünschst“, kann das für das Kind innerlich sehr bedrohlich sein. Dabei kommt es stark auf das Klima an, das in der Familie herrscht. Wenn man dem Kind mit einem Augenzwinkern erzählt, dass es das Christkind gibt und ihm so ein bisschen deutlich macht, dass es schön ist, so etwas zu glauben, aber eben doch nicht ganz wahr, dann ist es in Ordnung. Es ist in Ordnung, wenn ansonsten in der Familie Wahrheiten ausgesprochen werden können, wenn Aggressionen und Trauriges sein dürfen und wenn die Eltern mit den Kindern darüber reden können. Herrscht aber in der Familie generell ein Klima, in dem die Eltern die Kinder übermäßig vom Leid fernhalten wollen, dann kann der Glaube an den Weihnachtsmann Ängste schüren.
Die Angst vor Monstern reduzieren
Gerade wenn Kinder große Probleme mit dem Einschlafen haben, Angst vor dem schwarzen Mann, vor Monstern und Einbrechern haben, kann es ratsam sein, das Kind eben nicht an Feen, Zauberer und Weihnachtsmänner glauben zu lassen. Ein Vater sagte mir kürzlich, dass er seinen Kindern auf dem Flug in den Urlaub nicht zeigen wollte, dass er große Flugangst hat. Der Vater nimmt dann jedes Mal ein Beruhigungsmittel ein, macht am laufenden Band Scherze und ist gleichzeitig von den Tabletten benommen. Das regt die Phantasie der Kinder unglaublich an. Unbewusst spüren sie die Angst des Vaters genau – aber sie können sie nicht fassen, nicht benennen. Wenn der Vater nicht über seine Angst spricht, sondern den Kindern etwas vormacht, dann erhalten die Kinder das Gefühl, dass da etwas ganz und gar nicht stimmt. Es ist, als wollten sie die Wahrheit anschauen, aber als würde sie ihnen immer versperrt. Das können Kinder sehr schlecht ertragen – so werden unausgesprochene Ängste unverarbeitet weitergegeben. Dabei entstehen diffuse Angstgefühle.
Differenzen bestehen lassen
Wenn Kinder wütend, traurig oder ängstlich sind, dann können gesunde Eltern diese Gefühle aufnehmen. Die Eltern denken dann über die Gefühle nach und können mit dem Kind darüber sprechen. Sie können das Kind trösten und wirkungsvoll beruhigen. Geht es den Eltern aber selbst sehr schlecht, so fühlen sie sich quasi zu sehr in das Kind ein – sie machen sich mit dem Kind gleich. Wenn Eltern belastet sind und ebenso große Wut, Trauer oder Angst spüren wie das Kind, kann es passieren, dass die Grenzen verschwimmen. Wenn ein Kind mit großer Angst auf eine Mutter mit großer Angst trifft, so verstärken sich die Gefühle beim Kind. Es glaubt, es könnte andere mit seinen Ängsten anstecken.
Das Augenzwinkern darf nicht fehlen
Optimal ist es also, wenn Eltern die Gefühle der Kinder nachempfinden können, aber selbst nicht von denselben Gefühlen zu stark bedrängt sind. So ist es mit dem Glauben an den Weihnachtsmann auch: Wenn Eltern stabil sind und über Gefühle nachdenken können, dann macht es Spaß, so ein bisschen gemeinsam ans Christkind zu glauben. Wenn Eltern aber feststellen, dass sich das Kind ängstigt oder wenn sie selbst völlig überfordert sind, ist es oft besser, wenn man bei der Wahrheit bleibt. Wenn das Kind sich etwas wünscht und die Eltern schenken es ihm, ist es für das Kind ebenso schön – es weiß, es wird geliebt. Von den Eltern.
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 19.12.2013
Aktualisiert am 15.11.15