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Wiedergutmachung

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licht2Es ist ein tiefes Bedürfnis des Menschen, Schaden wieder gut zu machen. Schon kleinste Kinder unternehmen Versuche des Wiedergutmachens, wenn sie merken, dass sie einem anderen Menschen, insbesondere der Mutter, wehgetan haben. Häufig bemerken wir diese Versuche der Wiedergutmachung nicht, weil wir immer noch in unserem Schrecken, unserer Empörung oder unserem Schmerz stecken. Wie konnte er/sie uns das antun? Gerade bei Kindern oder Jugendlichen muss man manchmal genau hinschauen, um zu bemerken, dass sie wiedergutmachen wollen. Viele haben gar nicht den Gedanken, dass Wiedergutmachung den meisten Menschen ein so wichtiges Bedürfnis ist. (Text & Bild: © Dunja Voos)

Schuldgefühle wahrnehmen

Um Dinge wiedergutmachen zu wollen, muss man sich jedoch erst schuldig fühlen. Man muss erst feststellen, dass man etwas getan oder gesagt hat, das den anderen verletzt hat. Nach der Psychoanalytikerin Melanie Klein (1882-1960) wird diese Phase als „depressive Position“ bezeichnet. Kinder sind ihrer Theorie nach zunächst in einer „paranoid-schizoiden Position“, in der sie sich mit dem anderen wie verschmolzen fühlen und nicht bemerken, wenn sie ihm Schmerz zufügen.

Erst die Weiterentwicklung macht es dem kleinen Kind möglich, einen Schritt nach außen zu gehen, sich nach seiner Tat selbst zu erschrecken und so etwas zu denken wie: „Ohje, da habe ich ja was gemacht – hoffentlich verliere ich den anderen nicht. Es tut mir leid.“ Schuldgefühle, Reue und Sorge um den anderen sind ein Zeichen der Reife. Im Alltag schwanken wir oft zwischen den beiden Positionen hin und her. Manche Menschen fühlen sich zu schnell für Dinge schuldig, andere wiederum kennen Schuldgefühle kaum.

Die Reue zeigen

Manchmal tut man etwas, was einem unglaublich leid tut. Man schämt sich dafür zutiefst. Oft ist die Scham so groß, dass man den anderen gar nicht darauf ansprechen kann. Zu groß ist die Sorge, man könne alte Wunden aufreißen, wenn man auf den anderen zugeht und sagt: „Dafür möchte ich mich entschuldigen.“ Dann ist die Zeit noch nicht reif. Manchmal geht es auch nie. Doch oft spürt der andere genau, wenn wir etwas bereuen. Er sieht es an unserem Verhalten und spürt unsere innere Haltung. Der andere erkennt die Wiedergutmachungswünsche, auch, wenn man es selbst nicht offen ausspricht.

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Schizoid-paranoide und depressive Positon
Scham – Gefühle erklärt für Kinder (aber nicht nur)

Lesetipps:

Peter Dettmering:
„Schuld und Sühne“ – Destruktivität und Wiedergutmachung bei Dostojewski
Jahrbuch der Psychoanalyse, Bd. 33 (1994), 177-192
http://www.psychosozial-verlag.de/catalog/product_info.php/products_id/40204

Peter Fonagy & Mary Target:
Psychoanalyse und die Psychopathologie der Entwicklung
Klett-Cotta, 2011
http://www.klett-cotta.de/buch/Psychoanalyse/Psychoanalyse_und_die_Psychopathologie_der_Entwicklung/5482

Dieser Beitrag erschien erstmals am 17.12.2014
Aktualisiert am 27.10.2015


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