Zur Zeit protestieren die “Psychotherapeuten in Ausbildung” (PiA) für bessere Bedingungen (siehe www.piaportal.de). Mit “PiA” sind Psychologen gemeint, die nach ihrem Studium eine Ausbildung zum Psychotherapeuten machen. Doch auch Ärzte können den Zusatztitel “Psychotherapie” erwerben. Sie bezeichnen sich während ihrer Weiterbildung aber normalerweise nicht als “PiA”, sondern machen ihren Zusatztitel irgendwo im stillen Kämmerlein. Psychologen kritisieren, dass die Ärzte eine Schmalspur-Ausbildung erhalten. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Neid der Berufsgruppen aufeinander
Ärzte wiederum kritisieren, dass man für den Zusatz “Psychotherapie” erst mal eine Facharztausbildung benötigt. Natürlich kann man direkt nach dem Studium auch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie anstreben – ohne finanzielle Belastungen. Aber Psychiater zu sein ist oftmals nicht dasselbe wie “Psychotherapeut” zu sein. Das heißt, Ärzte, die nicht Psychiater werden wollen, machen nach dem Studium in 5-6 Jahren ihren Facharzt und können dann erst den Zusatz “Psychotherapie” erwerben, während Psychologen direkt nach dem Studium eine Psychotherapieausbildung machen können. Beide Berufsgruppen finden, dass die jeweils andere Berufsgruppe im Vorteil ist.
Vorteile für die Ärzte
Fachärzte haben den Vorteil, dass sie bereits “approbiert” sind – das heißt, sie haben die Erlaubnis, Patienten zu behandeln. Sie können Selbstzahler auch ohne abgeschlossene Psychotherapie-Ausbildung psychotherapeutisch behandeln. Der Arzt darf anscheinend irgendwie alles, während den Psychologen in der Psychotherapie-Ausbildung teilweise noch nicht einmal erlaubt ist, in einem eigenen Praxisraum zu therapieren. Sie sind – je nach Bundesland – gezwungen, an einem Institut oder in einer Lehrpraxis zu therapieren, während Ärzte in ihren eigenen Räumen behandeln dürfen.
Undurchsichtig
Es besteht – zumindest am Anfang – ein gefühltes pures Chaos in der Psychotherapieausbildung. Es gibt sehr viele Unsicherheiten. Da die Anforderungen für den Titel “Psychotherapie” oft so hoch sind, ist es ein offenes Geheimnis, dass in Kliniken auch manchmal Kurse als abgeleistet bescheinigt werden, obwohl sie nicht abgeleistet wurden. Es ist dann teilweise wie im Studium: Man geht zu einem Kurs, leistet seine Unterschrift und ward dann nicht mehr gesehen. Aber ist das zu verurteilen? Häufig nicht, denn viele Kurse sind von schlechter Qualität. Doch nur, weil es auf dem Papier steht, müssen die angehenden Therapeuten abermals Geld und Zeit aufwenden, um eine Unterschrift zu erhalten – für Kurse, die sie persönlich nicht weiterbringen.
Die Psyche entdecken
Doch Psychotherapie kann man nur bedingt lernen wie ein Schulfach. Bei der Psychotherapie geht es um die Seele. Es geht sowohl um das eigene Erleben als auch um das Erleben des Patienten. Wie auf anderen Gebieten des Lernens auch, kommt es darauf an, die richtigen Menschen zu treffen. Wer wirklich Psychotherapeut werden will, der sucht sich gute Wege und dann ist es egal, ob er Arzt oder Psychologe ist: Der Weg ist unglaublich mühselig zur Zeit hier in Deutschland. Es lohnt sich, ihn zu gehen, aber es könnte einfacher sein.