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Clik here to view.Gestern stieß ich auf den Höhepunkt aller Beiträge zur Begründung, warum hoch gebildete Frauen keinen Partner finden: „Je klüger, desto einsamer: Gebildete Frauen stellen zu hohe Ansprüche bei der Partnerwahl“, femininleben.ch. Die Autorin Linda Leitner schreibt unter anderem: „So sollte die kultivierte Singlefrau von heute bei der Partnerwahl wohl also ein klein bisschen ihrer romantischen Vorstellungen aufgeben und es genießen, dass das angeblich so starke Geschlecht ein Stück weit Männlichkeit opfert, um zu ihr aufzublicken.“ (Text & Bild: © Dunja Voos)
Immer wieder schimmert der leise Vorwurf durch, die gebildete Frau sei einfach zu narzisstisch. „Du hast zu hohe Ansprüche“ ist genau so ein kränkender und unpassender Satz wie „Du lebst nicht in der Realität“.
Sich zu bilden ist wie eine lange Reise zu machen
Eine allumfassende Bildung, die auch „Herzensbildung“ mit einschließt, hat mit Erfahrung, Beziehung und Intuition zu tun. Sich zu bilden heißt, eine lange Reise zu machen. Man erlernt vielleicht schon als Kind ein Instrument und taucht in die Welt von Bach ein. Man findet hier Trost und innere Weite. Man studiert lange, promoviert, ackert sich durch verschiedene berufliche Positionen und lernt dabei, die Menschen einzuschätzen. Viele Frauen verfolgen mit einem langen Atem ihre Ziele. So manche Frau hat ihre soziale Schicht gewechselt und dabei vielleicht ihre Wurzeln verloren. Sie kennt das Alleinsein.
Bildung heißt, über die Dinge nachdenken zu können. Die gebildete Frau erfreut sich an Sendungen wie „Sternstunde Philosophie“, lacht über die Witze des Philosophen Slavoj Zizek und tauscht sich hinterher mit einer Freundin darüber aus. Das Nachdenken über sich und die Welt bedeutet ihr viel.
„Dein Nachbar ist zwar Handwerker, aber doch ein herzensguter Mensch!“
Der Single-Mann von nebenan ist Handwerker. Er liebt seinen Beruf, ist ein herzensguter Mensch, strahlt Wärme aus. Im Flur kommt ein Gespräch zustande. Im Ort wurde ein Fall von Kindesmissbrauch aufgedeckt. Sein Pauschalurteil: „Diese Kinderschänder sollte man einfach alle gleich erhängen.“ Wumms. Die Herzenswärme kann durch Sätze wie diese nicht ausgeglichen werden. Die gebildete Frau möchte dort anfangen, mit dem anderen zu sprechen und nachzudenken, wo der andere schon am Ende seines Lateins ist.
„Aber Liebe ist doch Liebe, da ist es doch egal, ob der andere studiert hat!“
Die Vorstellung, dass Liebe unabhängig vom Bildungsstand der Partner ist, teilen vielleicht eben nur die Menschen miteinander, die nicht den langen Bildungsweg gegangen sind. Bildung macht auch körperlich etwas mit uns – zum Beispiel mit unserem Gesicht. So, wie man an Haut und Augen erkennen kann, ob ein Mensch regelmäßig zu viel Alkohol trinkt oder nicht, ob er sich wohl und gesund fühlt oder nicht, so kann man an den Gesichtszügen häufig auch den Bildungsstand ablesen.
Blicke, Mimik, Körperhaltung und Körperduft verändern sich durch Bildung
Die basalen Merkmale, in die man sich eben verliebt oder nicht, sind bei gebildeten Männern andere als bei weniger gebildeten Männern. Auch Körpermerkmale bis hin zum Körpergeruch können sich durch Bildung verändern. Doch diese Schicht-Unterschiede werden hierzulande oft geleugnet. Dabei geht es nicht um „schlechter“ oder „besser“, sondern um gegenseitige Anziehungskraft. „Ich kann nur mit bodenständigen Männern“, sagt die Zahnarzthelferin von nebenan – und verliebt sich in den Handwerker, weil eben beide gut zusammen passen.
Vielen Menschen ist es wichtig, einen Partner aus demselben Kulturkreis zu finden. Bildung kann kulturelle Unterschiede in den Hintergrund treten lassen, weil sie die Menschen auf eine andere Art verbindet. Eine gebildete Frau erkennt sehr häufig den gebildeten Mann, egal, aus welchem Land er kommt. Ähnlich wie das Lächeln bei allen Menschen der Welt eben ein „Lächeln“ ist, so sind sehr häufig auch die für Bildung sprechenden Gesichtszüge und Körperhaltungen überall erkennbar.
Die gebildete Frau wird verkannt und fühlt sich dadurch einsam
Die gebildete Frau wird schnell als arrogant abgestempelt. Sie fühlt sich durch die unsäglichen Beiträge über die Gründe für ihr Alleinsein zutiefst missverstanden. Dabei ist es ähnlich wie mit Menschen, die aus einem kleinen Dorf kommen: Wenn sie eine weite Reise über viele Jahre gemacht haben, können sie oft die Enge des Dorfes nicht mehr ertragen. Um sich wohlzufühlen brauchen sie den Austausch mit Gleichgesinnten. Sie kehren nicht in ihr Dorf zurück.
Die geistige Welt wird unterschätzt
Zusammen klasssische Musik zu machen, Geistreiches zu lesen und darüber zu reden, hat etwas zutiefst Befriedigendes. Wenig gebildete Menschen haben solche Welten oft nicht kennengelernt. Sie können nichts damit anfangen. Das Eine ist nicht besser als das Andere – es ist eben nur anders. Die gebildete Frau sucht einen Partner, der ihr ähnlich ist. „Das ist doch Standesdünkel“, wird ihr vorgeworfen. Nein, es ist ein tiefes Gefühl.
Gebildete Menschen sind gesünder und werden älter
Gebildete Menschen leben oft gesünder und zufriedener. Die Folgen unzureichender Bildung für die Gesundheit hat zum Beispiel die Bertelsmann-Stiftung erforscht. Auch hier wieder zeigt sich, dass Bildung und Körperlichkeit stark ineinander greifen. Wer gesund lebt, riecht ganz einfach besser, sieht gesünder aus, fühlt sich ruhiger und ausgeglichener. Gesund mit dem Partner alt zu werden, ist sicher einer vieler gesunder Wünsche von gebildeten Frauen.
Ende der Stigmatisierung
Die gebildete Frau wünscht sich ein Ende der Stigmatisierung. Sie wünscht sich, dass sie mit ihren Wünschen verstanden wird. Es wäre schön, wenn die Artikel über die gebildete Frau, die keinen Mann findet, zu einem viel größeren Teil als jetzt von gebildeten Frauen selbst verfasst würden. Die Gründe für das Alleinsein sind vielfältig, hochkomplex und tiefgründig. Die gebildete Frau wäre weniger einsam, wenn diese Gründe besser erfasst würden. Aber dazu braucht es eben Bildung.
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