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Seelenverwandtschaft oder Kälte: Wie entstehen Verbundenheitsgefühle?

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Manchmal ist es, als sei der Mensch neben uns ein Stein. Wir fühlen uns, als könnten wir gar nichts vom anderen wahrnehmen. Wir haben keine Idee, was er denkt oder fühlt. Wir können kein bisschen in seinen Kopf hineinschauen, keinen einzigen „Gedanken lesen“. Wir fühlen uns selbst kalt und alleingelassen. Bei dem selben Menschen zu einer anderen Zeit oder bei einem anderen Menschen ist es so: Wir schwingen mit, wir spüren Resonanz, wir nehmen seinen Duft auf. Wir haben das Gefühl, er gewährt uns Zutritt in seine äußere, weiche Schicht. Dort können wir uns etwas umschauen. Wir können uns vorstellen, was er wohl denken und fühlen mag. Ob wir genau richtig liegen, wissen wir nicht, aber wir haben so ein Gefühl, dass wir den anderen hier und da auch ohne Worte richtig verstehen. (Text & Bild: © Dunja Voos)

Ein gemeinsamer Raum entsteht
Wenn wir mit einem anderen Menschen zusammen sind und mit ihm kommunizieren, entsteht etwas Drittes: So etwas wie ein gemeinsamer Raum, in dem wir beide uns bewegen. Dabei durchdringen wir den anderen aber nicht ganz. Und auch der andere kann uns nicht ganz durchdringen. Innen ist etwas, das fühlt sich für manche vielleicht an wie ein Kern, wie ein Persönlichkeitskern, wie ein Ur-eigenes Ich. Da ist eine eigene Geschichte, da sind eigene Erinnerungen, Erfahrungen, Empfindungen und Eigenheiten. Es gibt eine Kohärenz, es gibt so etwas wie einen zusammenhängenden Lebensfaden.

Verbundenheit kann sich gefährlich anfühlen

Bei psychischen Erkrankungen oder in Krisen kann das anders sein: Hier haben die Betroffenen oft das Gefühl, ganz von etwas durchdrungen zu sein. Der „Faden“ ist abgerissen, Verbindungen und Zusammenhänge sind brüchig und das innere Gefühl, einen festen Kern zu haben, kann fehlen. Man hat dann vielleicht leichter das Gefühl, der andere könnte einem schaden. Der andere ist vom Gefühl her einfach zu weit in einem drin. Wenn die innere Gefahr zu groß wird, haben die Betroffenen oft Angst, über ihre Ängste zu sprechen, weil sie glauben, für verrückt gehalten zu werden. Dann gibt es sozusagen zwei Probleme: den inneren beängstigenden Zustand, keinen Halt mehr zu haben, und die Angst, sich mit diesem Gefühl anderen anzuvertrauen. Es fehlen oft die Worte.

Die Freude an Verbundenheit bei Gesunden

Treffen zwei weitgehend gesunde Menschen aufeinander, sieht es oft so aus: Beide sind „feste Persönlichkeiten“, aber sie fühlen sich mit dem anderen zeitweise so verbunden, als seien sie Eins. Als würden zwei Pfirsiche zweitweise zu einer Frucht zusammenwachsen, aber beide Kerne sind noch vorhanden. Man könnte es sich auch so vorstellen, dass der andere ein Kläppchen zu seiner Innenwelt hat. Je nachdem, wie weit er es öffnet, so weit lässt er uns zu sich hinein. Und umgekehrt: Wir haben ein Kläppchen und öffnen es verschieden weit. Wie groß der Spalt wird, durch den wir dem anderen Zutritt gewähren, liegt oft in unserer eigenen Hand, manchmal aber auch nicht. Manchmal ist es so, dass sich zeitweise auch unser letztes Fensterchen öffnet. Es ist die Oma, das eigene Kind oder die große Liebe, die fast unmerklich bewirkt haben, dass auch das letzte Fensterchen aufgeht.

Wie würden Sie Verbundeneheit beschreiben?

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